Steigende Nebenkosten = Erhöhung der Vorauszahlungen? Grundlagen und Möglichkeiten

von Gregor Murek, 27. Juli 2022
Steigende Nebenkosten = Erhöhung der Vorauszahlungen? Grundlagen und Möglichkeiten

Die Inflation und die stark steigenden Energiepreise treiben die Bewirtschaftungskosten von Immobilien derzeit in gefährliche Höhen - ohne Aussicht auf Entspannung. In den meisten Wohnobjekten laufen die tatsächlich anfallenden Nebenkosten den Vorauszahlungen der Mieter davon – in einem Tempo, bei dem Vermieter mit Erhöhungen der Nebenkostenvorschüsse in sozialverträglichem Maß kaum mehr hinterherkommen. Mittlerweile sehen sich viele Vermieter gezwungen, eine Anpassung um mehr als das Doppelte von ihren Mietern zu verlangen, um die laufende Objektliquidität sicherstellen zu können. Nicht selten müssen inzwischen die Nettoeinnahmen aus der Vermietung für die Bezahlung von Versorgerrechnungen verauslagt werden, weil die Vorauszahlungen selbst nach Erhöhung nicht zur Kostendeckung ausreichen.

Aber berechtigt dies den Vermieter automatisch zur Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen? Und wie muss eine solche Erklärung gestaltet sein, um Wirksamkeit zu entfalten? Die Antworten auf diese Fragen lesen Sie in den nachfolgenden Absätzen. Außerdem stellen wir Ihnen eine Vorlage für eine außerordentliche und freiwillige Vorauszahlungsanpassung zur Verfügung, die sich auf die eingangs beschriebene Lage bezieht.

Nebenkostenabrechnung als Voraussetzung für eine Erhöhung

Grundsätzlich darf ein Vermieter von Wohnraum eine Anpassung der Nebenkostenvorauszahlungen auf eine angemessene Höhe nur anlässlich einer vorausgegangenen Nebenkostenabrechnung vornehmen (§ 560 Abs. 4 BGB). Dabei ist es möglich, dieses Verlangen gleichzeitig mit der Nebenkostenabrechnung oder anschließend in einem separaten Anspruchsschreiben zu erklären. Allerdings darf pro Abrechnung nur einmal erhöht werden.

Nebenkostenabrechnung muss formell und inhaltlich korrekt sein, aber nicht unbedingt fristgerecht zugestellt werden

Für eine wirksame Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlung genügt jedoch nicht allein das Vorhandensein einer Nebenkostenabrechnung. Diese muss formell ordnungsgemäß und inhaltlich richtig sein. Ein Widerspruch, der sich als berechtigt erweist, hemmt die Erhöhung. Hingegen unschädlich ist es, wenn der Vermieter die Nebenkostenabrechnung erst nach Ablauf der gesetzlichen Abrechnungsfrist von zwölften Monaten nach Ende des Abrechnungszeitraums zustellen sollte (§ 556 Abs. 3 S. 2 BGB). Zwar kann er dann grundsätzlich etwaige Nachforderungen gegenüber dem Mieter nicht mehr geltend machen (§ 556 Abs. 3 S. 3 BGB), darf aber dennoch wirksam eine Erhöhung der Vorauszahlungen verlangen. Dies ist ihm selbst dann gestattet, wenn er gar nicht über die vorausgegangene Periode abrechnen sollte. Daraus schließt sich, dass lediglich die zuletzt korrekt erstellte, aber nicht unbedingt die letztmögliche Nebenkostenabrechnung als Grundlage für eine Erhöhung genutzt werden muss. Gemäß § 273 BGB kann der Mieter die künftigen Nebenkostenvorauszahlung aber solange gänzlich zurückbehalten (d. h. sowohl den ursprünglichen als auch den Erhöhungsbetrag), bis der Vermieter die fällige Nebenkostenabrechnung erstellt hat.

Nebenkostenabrechnung muss grundsätzlich eine Nachzahlung ergeben

Um eine Erhöhung der Abschläge auf die Nebenkosten vom Mieter fordern zu können, muss im Ergebnis der vorausgegangenen Nebenkostenabrechnung grundsätzlich eine Nachzahlung zulasten des Mieters stehen. Denn daraus lässt sich ableiten, dass die vom Mieter geleisteten Vorauszahlungen offenbar nicht ausreichen, um die tatsächlich auf ihn umzulegenden Nebenkosten zu decken - voraussichtlich auch künftig nicht. Diese Schlussfolgerung aus der Vergangenheit in die Zukunft genügt in der Regel als Grund für eine angemessene Erhöhung. Dabei muss sich die Nachzahlung zumindest rechnerisch ergeben. Der Vermieter muss nicht zwingend einen Anspruch auf Zahlung der Nachforderung haben, wie im vorherigen Absatz erläutert.

Form und Inhalt der Erhöhungserklärung

Sind die vorgenannten Wirksamkeitsvoraussetzungen erfüllt, kann der Vermieter eine Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen vom Mieter beanspruchen - und zwar einseitig, ohne dass es der Zustimmung des Mieters bedarf. Bei der Durchsetzung dieses einseitigen Gestaltungsrechts muss der Vermieter jedoch einige formelle und inhaltliche Anforderungen beachten. So ist die Erhöhungserklärung in („einfacher“) Textform, d. h. lesbar und auf einem dauerhaften Datenträger mitzuteilen und in ihr die Person des Erklärenden zu benennen (§ 126b BGB). Insofern genügt die Übermittlung per E-Mail, Fax oder SMS. Natürlich kann auch die („höherwertige“) Schriftform (§ 126 GBG) angewendet werden. Eine mündliche Aufforderung reicht nicht aus.

Die Anpassung muss dem Mieter der Höhe nach mitgeteilt werden und das Kriterium der Angemessenheit erfüllen (§ 560 Abs. 4 BGB). Angemessen ist die Erhöhung immer dann, wenn sich in ihr die zu erwartenden Nebenkosten der laufenden Abrechnungsperiode widerspiegeln. Als Grundlage für die Prognostizierung der Nebenkosten des aktuellen Wirtschaftsjahres hält in der Regel die Entwicklung der Nebenkosten des vergangenen Abrechnungsjahres her. Hat der Mieter eine Nachzahlung zu leisten, darf der Vermieter daraus schließen, dass künftig mindestens eine Nachzahlung in gleicher Höhe im Ergebnis steht. Vor diesem Hintergrund und gemäß gültiger Rechtsprechung gilt eine Erhöhung des monatlichen Vorauszahlungsbetrages um ein Zwölftel der vom Mieter geschuldeten Nachzahlung als angemessen.

Das genannte Berechnungsmodell gewährleistet aber nicht in allen Fällen angemessene Erhöhungsbeträge. Zumindest dann nicht, wenn besondere Umstände vorliegen, auf Grund derer davon auszugehen ist, dass die Nebenkosten des laufenden Jahres vermutlich höher oder geringer als die abgerechneten Nebenkosten des Vorjahres sein werden. Es kann somit in einzelnen Ausnahmen von der Angemessenheitsformel abgewichen werden, wofür allerdings konkrete Anhaltspunkte gegeben sein müssen. Sollte die Anpassung dem Umfang nach unangemessen sein, wird sie nicht vollständig unwirksam, sondern tritt zum dem Teil ein, der sich als angemessen erweist.

Unter regelmäßigen Umständen ist eine explizite Begründung für die Erhöhung nicht erforderlich, weil sie sich unmittelbar aus der zugrundeliegenden Nebenkostenabrechnung ergibt. Allerdings sind Vermieter gut beraten, die Gründe zu erläutern, um mieterseitig Einsicht und Zahlungsbereitschaft zu erzeugen.

Fälligkeit und Wirkung der Erhöhungserklärung

Gleich verhält es sich mit der Angabe des Zeitpunktes, ab dem der Mieter die Erhöhung erstmalig zu zahlen hat. Der mit der Erhöhungserklärung geltend gemachte Zahlungsanspruch des Vermieters gilt ab Zugang des Schreibens beim Mieter und ist durch ihn ab dem angegebenen Fälligkeitstermin zu erfüllen. Es besteht zwar weder eine Pflicht, einen Zahlungstermin zu nennen, noch schreibt der Gesetzgeber eine konkrete Frist vor. Dennoch sollte hier zur Vorbeugung unnötiger Fragen eine Festlegung erfolgen. Üblicherweise empfiehlt es sich, den monatlichen Mehrbetrag ab der nächstfälligen Mietzahlung einzufordern. Es kann auch ein späterer Zahlungsbeginn bestimmt werden. Eine rückwirkende Erhöhung ist jedoch ausgeschlossen. Zahlt der Mieter nicht fristgerecht, gerät er ohne Mahnung in Verzug (§ 286 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB).

Wenn eine Zeit für die Leistung nicht bestimmt wird und sich auch nicht aus den Umständen entnehmen lässt, ist die Leistung sofort fällig (§ 271 Abs. 1 BGB). Der Mieter hat in diesem Fall maximal 30 Tage Zeit zur Zahlung, sofern er Verbraucher ist und mit der Erhöhungserklärung einen Hinweis erhalten hat. Anschließend kommt er ebenfalls ohne Mahnung in Verzug (§ 286 BGB Abs. 3).

Mieterseitiger Verzug berechtigt den Vermieter unter den Bedingungen der §§ 543 Abs. 2 Nr. 3 und 569 Abs. 3 BGB zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses. Ferner kann der Vermieter den Mieter auf Zahlung verklagen.

Die erhöhten Zahlungen haben eine Wirkung in der Zukunft, machen sich also mehr oder weniger zeitversetzt bezahlt. Denn die Mehrbeträge werden den Nebenkosten des laufenden Wirtschaftsjahres gegenübergestellt, über die erst im Folgejahr abgerechnet wird. Je später die Erhöhung der Vorauszahlungen im laufenden Wirtschaftsjahr erklärt und fällig gestellt wird, desto geringer ist ihr schuldmindernder Effekt auf die entstehenden Nebenkosten des laufenden Wirtschaftsjahres.

Auch der Mieter hat ein Anpassungsrecht

Im Übrigen räumt § 560 Abs. 4 BGB nicht nur dem Vermieter, sondern auch dem Mieter das Recht ein, einseitig auf Grundlage der letzten Nebenkostenabrechnung und nach vorheriger Erklärung in Textform eine angemessene Erhöhung oder Herabsetzung der Nebenkostenvorauszahlungen vorzunehmen.

Einvernehmliche Erhöhung jederzeit möglich

Unabhängig von den gesetzlichen Regeln für einseitige Erhöhungserklärungen können Vermieter und Mieter jederzeit (d. h. während der laufenden Abrechnungsperiode und unabhängig von einer Nebenkostenabrechnung) eine Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen im Einvernehmen vereinbaren. Besondere rechtliche Vorschriften sind bei außerordentlichen und auf Freiwilligkeit beruhenden Erhöhungen nicht zu beachten. Die Höhe und die Fälligkeit der neuen Vorauszahlungen richten sich ausschließlich nach den individuellen Absprachen der Vertragsparteien.

Wenn die Nebenkostenabrechnung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorliegt oder bereits eine gesetzliche aber ungenügende Erhöhung auf Grundlage der letzten Nebenkostenabrechnung geltend gemacht wurde (es darf nur einmal pro Abrechnung erhöht werden), sollte angesichts der in der Artikeleinführung dargelegten Situation und im Interesse beider Vertragsparteien eine einvernehmliche Erhöhung verabredet werden. Denn eine zu große Lücke zwischen anfallenden Nebenkosten und geleisteten Vorauszahlungen birgt sowohl für den Vermieter als auch für den Mieter Gefahren. Je größer das Missverhältnis, desto höher einerseits das Liquiditätsrisiko für den Vermieter und andererseits das Schuldenrisiko für den Mieter.

Durch eine übermäßige Vorfinanzierung von Nebenkosten wird Kapital gebunden, das dem Vermieter an anderer Stelle, z. B. für Instandhaltungen oder den Kapitaldienst fehlt - zunächst unterjährig, weil die Vorauszahlungen der Mieter nicht zur laufenden Bezahlung der Versorger und sonstigen Objektdienstleister genügen, und tendenziell anschließend, wenn die Nachzahlung aus der Nebenkostenabrechnung so hoch sein sollte, dass sie den Mieter finanziell überlastet und er sie nicht in einem Betrag überweisen kann, sondern über viele Monate in Raten begleichen muss.

Vorlage für eine außerordentliche und freiwillige Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen

Ein Anschreiben zur fakultativen Anpassung der Nebenkostenvorauszahlungen sollte bereits im Betreff darauf hinweisen, dass es sich um eine freiwillige Erhöhung handelt, und in der Texteinführung unmittelbar eine Begründung liefern. Unsere Vorlage bezieht sich auf die akute Krisenlage auf den Energie- und Dienstleistungesmärkten, die extrem steigende Preise bedingt. Weiterhin empfiehlt es sich, die Neuberechnung der Vorauszahlungen transparent darzustellen - z. B. in Form einer Tabelle, in der die bisherigen und die neuen Beträge sowie die Veränderung (absolut in Zahlen oder realtiv in Prozent) übersichtlich aufgeführt werden. In diesem Zusammenhang sollte auch ein Fälligkeitsdatum genannt werden. Als Beginn liegt die nächste Mietzahlung nahe. Um möglichst jeden Mieter zu erreichen, kann angeboten werden, andere als die vorgeschlagenen Erhöhungsbeträge zu zahlen.

Die genannten und weitere wichtige Inhaltspunkte finden Sie unverbindlich ausformuliert und zu Ihrer freien eigenverantwortlichen Verwendung in unserer Vorlage für eine außerordentliche und freiwillige Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen.

Hinweis: Bei dem vorstehenden Text handelt es sich um eine Wiedergabe gesetzlicher Bestimmungen auf Grundlage unserer Praxiserfahrung, die ausdrücklich keine Rechtsberatung darstellt. Falls Sie Bedarf an rechtlichem Rat haben, empfehlen wir Ihnen, sich an einen Rechtsanwalt zu wenden.

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